Together is better ?!

 
A dream you dream alone is only a dream.
A dream you dream together is a reality.
— Yoko Ono
To go fast, go alone.
To go far, go together.
— Afrikanisches Sprichwort

JR, Fassade der Kathedrale von Neapel aus der Serie Chronicles (2024)


Ich stamme aus einer Generation, da fing es gerade an mit den Gruppenarbeiten in der Schule. Auf einmal saßen wir alle in Gruppen und mussten uns “verdrehen”, um zur Tafel zu schauen. Denn Frontalunterricht gab es natürlich immer noch. Später dann Hufeisen und schließlich Schulmöbel, die sich schnell umgruppieren ließen. Die Weisheit der Vielen war auf einmal das Nonplusultra und Teamarbeit das, was in der Berufswelt gefordert wurde: „Zur Gruppe verdammt!“

Ich möchte provokativ behaupten, dass es manchmal sehr wichtig und produktiv ist, allein zu arbeiten. Nachzudenken. Innezuhalten. Pause zu machen. Stille zuzulassen.

Aber vielleicht sind Einzelarbeit und Gruppenarbeit mal wieder gar keine Gegensätze, sondern beides ist wichtig. In jeder Art von Zusammenarbeit, sei es Schule, Arbeitsteam, Netzwerk oder Kooperation.


1.Ein Netzwerk

Spannend, was andere so machen!
— Dr. Christian Kammler, Kultur.Forscher!-Netzwerk

Am Eingang zum Kunsthaus Meran

 

Das Kultur.Forscher!-Netzwerk besteht derzeit aus insgesamt 48 Schulen und Kulturinstitutionen aus acht Bundesländern sowie aus Südtirol. Es exisitert seit dem Jahr 2008.

Ziel der neuen Programmphase ist es, das Netzwerk durch den Austausch von Erfahrungswissen und neuen Ideen seiner Mitglieder inhaltlich weiterzuentwickeln und es dadurch weiter zu stärken. Dafür bietet das Programm den Kultur.Forscher*innen! vielfältige Formate. Dazu gehören die etablierten Veranstaltungen „Ku.Fo! kreuz & quer“ sowie „Ku.Fo! digital“.
— www.kultur-forscher.de

Ich habe bisher sowohl an einer „Ku.Fo! kreuz & quer“-Veranstaltung in Potsdam, als auch bei „Ku.Fo! digital“ teilgenommen. Ich hatte innerhalb des Netzwerks im Rahmen des Weiterbildungsmasters “Kulturelle Bildung an Schulen” mehrere Hospitationen - in Potsdam, im bayrischen Nantesbuch und in Südtirol - und fühlte mich immer sehr willkommen. Es war ein bisschen wie Heimat. Menschen, die Werte und Visionen teilen, mit denen man über die Bedeutung von Kultureller Bildung nicht streiten muss. Die Freude an Netzwerkarbeit und Kooperation haben. Wir bewegen uns in demselben Element. Ich wurde von begeisterten Gastgeber:innen begrüßt und der Austausch auf Augenhöhe hatte für alle Seiten einen Mehrwert, im Sinne von: “Spannend, was du so machst!”


2.Eine Methode

Anerkannte Studien belegen, dass diverser aufgestellte Teams oftmals kreativer, effektiver und somit auch erfolgreicher arbeiten.
— Moritz von Rappard, 2023, S. 3
 

Ich hatte kürzlich die Gelegenheit und das besondere Vergnügen, in einem Workshop von Moritz von Rappard persönlich durch mehrere der sechs Leitfäden begleitet zu werden.

Für wen ist die g3-Methode gedacht?

Die g3-Methode ist ein Angebot für alle Menschen, die mit kulturellen Institutionen oder Projekten zu tun haben und konkrete Antworten auf konkrete Fragen entwickeln möchten. Sie können aber auch in Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft verwendet werden. Die Vorteile: Die Methode ist kostenlos, einfach, praxisnah und effizient.

Am Anfang steht eine Frage

Ein guter Ausgangspunkt ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Situation. Wichtig ist es eine Frage zu formulieren, die konkret auf eigenes Handeln bezogen ist, im Sinne von: Wie können wir ETWAS TUN?

Mit Prozessleitfaden 1 steigt man direkt in die Qualität der Zusammenarbeit ein: Wie bleibe ich in der Teamarbeit offen, konstruktiv und kreativ? Was sind meine Bedürfnisse und Ideen?

Prozessleitfaden 2 dreht sich um die Frage “Wie erfahren wir mehr über konkrete Bedürfnisse anderer Menschen?”.

Weil oft unklar ist, wer welche Bedürfnisse hat, ist es sinnvoll nachzufragen.
— Moritz von Rappard, 2023, S. 8

Das klingt erst einmal nicht sehr spektakulär. Das liegt doch eigentlich auf der Hand. Oder (nicht)?

Im Leitfaden sind 60 Minuten dafür eingeplant, in vier Schritten ein Interview durchzuführen, bei dem man versucht, dem anderen besser zuzuhören und ihn/sie genauer zu verstehen. Das beginnt schon mit der Frage: “Was möchtest du gern von den anderen wissen?”. 5 Minuten Zeit gibt es dafür, Stichworte aufzuschreiben und weitere 5 Minuten, um drei Fragen aufzuschreiben.

Überhaupt ist die Arbeit mit den Prozessleitfäden zeitlich streng durchgetaktet, jeder Leitfaden lässt sich in 60 Minuten durcharbeiten. Man ist also in 6 Stunden einmal durch, aber genauso gut kann man zunächst einmal dort anfangen, wo man den aktuellen Arbeitsstand vermutet.

Meine Eindrücke

Die Ausgangsfrage in meiner Gruppe war etwas fiktiv, weil es darum ging, die Methode kennenzulernen. Trotzdem sind erstaunlich kreative und vielfältige Ergebnisse herausgekommen. Persönlich bin ich etwas genervt davon, wenn ständig auf die Stoppuhr geschaut wird, und das in einem kreativen Prozess. Aber in der Realität ist es wohl sinnvoll, denn oft genug ist man ja mit dem “Zeitstress” der Beteiligten konfrontiert. Dann ist es gut, eine bestimmte Dauer auch schon vorher ankündigen zu können. So passen 60 Minuten z.B. gut in eine Lehrer:innen- oder Team-Konferenz.

Wieder fand der Workshop in einem Blockseminar des Weiterbildungsmasters “Kulturelle Bildung an Schulen” statt. Und natürlich kennen wir uns im Studiengang mittlerweile recht gut und sind auch die Gruppenarbeit gewohnt. Ob wir eine besonders diverse Zusammensetzung in unserem Team hatten, ist schwer zu beurteilen. Vom fachlichen Hintergrund her gesehen schon: Künstler:innen und Pädagog:innen.

Die Prozessleitfäden 1 und 2 haben wir leider nicht konkret ausprobiert, ich merke aber, dass sie mich besonders interessieren. Und da man mit der Methode ja ohne professionelle Moderation arbeiten kann, spüre ich große Lust, vor allem die bedürfnisorientierten Interviews einmal auszuprobieren - vielleicht in Form eines Projektes.

Was ich aus dieser Erfahrung heraus definitiv bestätigen kann ist das Gefühl, wirklich beteiligt gewesen zu sein am und im Prozess. Und was mir persönlich wichtig ist: Verschiedene Arbeitsformen - Einzelarbeit, Gruppenarbeit, Plenum - wechselten sich ab. Und auch kreative Momente in der Umsetzung hatten Raum.

Die g³-Methode ist ein konkreter Vorschlag, wie Öffnung und Teilhabe unmittelbar angegangen werden können.
— Moritz von Rappard, 2023, S. 4

3.Ein Programm

Problem talk creates problems,
solution talk creates solutions.
— Steve de Shazer, lösungsfokussierte Kurzzeittherapie
The true value of networking doesn’t come from how many people we can meet, but rather how many people we can introduce to others.
— Simon Sinek, simonsinek.com
 

Ein Programm geht in die Verlängerung

Die Bundesakademie Wolfenbüttel hat als Teil der fachlichen Begleitstruktur des bundesweiten Förderprogramms Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung ein Beratungsprogramm zur Unterstützung von Kommunen beim Aufbau und der Absicherung von kulturellen Bildungsnetzwerken entwickelt. Ein Pilotprojekt K² - Kulturnetzwerke in Kommunen und Regionen lief von 2018 - 2022, in der Folge wurde das Programm K²-Beratung von 2024 - 2025 angehängt.

Als Ergebnis wurde u.a. ein 120-seitiger Leitfaden für das Kulturelle Netzwerken in Kommunen erarbeitet, der kostenlos verfügbar ist und in dem auch einige erfolgreiche Projekte vorgestellt werden.

Mich persönlich interessiert daran besonders, wie die Erfolgsfaktoren einer gelingenden und nachhaltigen Netzwerkarbeit aussehen.

Faktoren, die die Qualität der Zusammenarbeit im Netzwerk fördern

  • Eine gemeinsame und wertebasierte Zukunftsperspektive

  • Eine kooperative Grundhaltung der Teilnehmenden: Wertschätzendes Miteinander, lösungsorientierte Kommunikation, Feedbackkultur …

  • Anlässe und Anreize für konkrete Zusammenarbeit: Gemeinsame Projekte, Aktionen, Förderanträge

  • Innere Transparenz: Offenheit und damit Kalkulierbarkeit von Ressourcen, Grenzen, Erwartungen der Teilnehmenden (“Jede_r gibt, was er/sie kann.”)

  • Äußere Transparenz: Kommunikation eines klaren Profils (gemeinsame Sprache nach außen)

  • Ein klarer Kommunikationsrahmen nach innen: Frequenz und Form von Treffen, Verteiler, Tools etc.

  • Dokumentation: Protokolle, Öffentlichkeitsarbeit, To-do-Listen, Evaluationen (“Erinnerungsfähigkeit” des Netzwerks)

Verbindlich zusammenarbeiten

Am Ende des Leitfadens wird der Fokus noch einmal darauf gelegt, wie man verbindlich zusammenarbeitet bzw. man sich als Netzwerk reflektiert und idealerweise zusammenbleibt:

Dabei wird die Bedeutung von Austausch und regelmäßigem Kontakt z.B. durch Stammtische oder gegenseitige Besuche hervorgehoben. Auch sollte man regelmäßig überprüfen, wie die Zusammenarbeit funktioniert (z.B. Rhythmus der Treffen, Rollen- und Aufgabenplanung) und ob man nachjustieren muss. Vielleicht hat sich bezüglich der Ressourcen oder Werte etwas verändert? Auch ein Netzwerk durchläuft die klassischen Gruppenphasen “Forming, Storming, Norming, Performing” und daher ist es wichtig, sich immer wieder zu fragen, in welcher Phase man sich befindet. Da ein Netzwerk ein dynamisches Gebilde ist, könnte es sinnvoll sein, neue Partner:innen einzubinden. Und zu guter Letzt ist die Sichtbarkeit des Netzwerks (z.B. auf Fachtagen) ein wichtiger Faktor für den langfristigen Erfolg.

Nicht zu vergessen: Feiern Sie Ihre Erfolge und nehmen Sie sich Zeit für die gegenseitige Beziehungsarbeit!
— Prozessleitfaden "Netzwerke(n) für kulturelle Teilhabe", 2022, S. 98

Think-Pair-Share

Besonders habe ich mich auch in der “Think-Pair-Share-Methode” wiedergefunden, die im Leitfaden sehr oft verwendet wird. Sie ermöglicht die Abwechslung von individuellen und kooperativen Lernphasen.

1. Phase: Think (5 - 10 Min.)
Die Beteiligten setzen sich zunächst selbstständig mit einer gegebenen Aufgabe oder Frage auseinander.

2. Phase: Pair (5 - 10 Min.)
Die Beteiligten finden sich zu zweit zusammen und tauschen sich aus.

3. Phase: Share (10 - 20 Min.)
In der dritten Phase teilen die Beteiligten ihre Ergebnisse mit dem gesamten Plenum. Dies kann beispielsweise in Form eines Vortrags geschehen, wobei die anderen Lernenden zunächst zuhören und anschließend Fragen stellen und eigene Ideen ergänzen können.

Der Zeitrahmen kann variieren und eventuell angepasst werden.


4.Eine Videoinstallation

Auf sieben Leinwänden thematisiert die “ton und bild GmbH” mit der Installation “La vie” den Leitsatz des Museums für Kommunikation in Bern: "Alles dreht sich um mich. Aber ich bin nicht alleine."

In Zusammenarbeit mit insgesamt rund vierhundert Statisten entstanden vierzehn Gruppenbilder, welche durch Slowmotion sichtbar machen, was geschieht, wenn sich Menschen begegnen. Auf Kopfhörern sind Aussagen zum Kommunikationsalltag der Schweiz zu hören.


Kelb, Viola/Schönfeld, Franziska (2022): Netzwerk(en) für kulturelle Teilhabe. Ein Prozessleitfaden. Wolfenbüttel: Bundesakademie.

Rappard, Moritz von (2023): g³-Methode – gemeinsam gesellschaft gestalten.
6 Prozessleitfäden für die Arbeit in heterogenen Gruppen
. https://g3-methode.de/ (Zugriff: 15.10.2025)

Shazer, Steve de/Dolan, Yvonne (2022): Mehr als ein Wunder: Lösungsfokussierte Kurzzeittherapie heute. Heidelberg: Carl Auer.

Sinek, Simon. https://simonsinek.com (Zugriff: 15.10.2025)

ton und bild GmbH: Videoinstallation La vie. https://tonundbild.ch (Zugriff: 15.10.2025)